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Die goldene Stunde: Fallen die Zinsen, erleben wir ein Allzeithoch beim Goldpreis

Die Grossbank UBS ist bezüglich der Wirtschaftsprognosen für die Schweiz wenig optimistisch. Die SNB kann dank einem erfolgreichen ersten Quartal einen Gewinn für das erste Halbjahr vermelden. Der globale Kampf der Zentralbanken gegen die Inflation geht weiter. Fallen die Zinsen wieder, erleben wir neue Allzeithochs beim Goldpreis.

16. August 2023
Goldene StundeGold

Inflationsrate Schweiz

Die Inflationsrate in der Schweiz liegt mit 1.6 Prozent im Juli nach wie vor deutlich unter dem EURO-Durchschnitt (6.4 Prozent). Gegenüber Juni ist sie um 0.1 Prozentpunkte gesunken, im Juli 2022 hatte sie noch 3.4 Prozent betragen.

Weniger optimistisch sind die Wirtschaftsaussichten hinsichtlich des Wachstums: Die UBS sagt in einer aktuellen Prognose für dieses Jahr ein unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum von nur 0.9 Prozent voraus. 2024 sollte dieser Wert wieder auf 1.3 Prozent steigen. 2022 hatte das BIP nach Mitteilung des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO noch um 2.1 Prozent zugenommen, 2021 sogar um 3.9 Prozent. Für 2024 erwartet SECO zuletzt 1.8 Prozent (Werte aus 03/2023).

Die Inflation in der Schweiz ist weniger ausgeprägt als in anderen Ländern von Europa.

Die UBS hält in ihrer aktuellen Studie die Belastung der Wirtschaft der Eurozone durch die hohen Energiepreise und die steigenden Zinsen als nachteilig für die Schweiz. Grösseres Risiko sieht man auch in der Gefahr einer Rezession in den Vereinigten Staaten.

Die Schweizerische Nationalbank meldet zu ihrem Halbjahresabschluss – nach dem Buchgewinn von 26.9 Milliarden Franken im ersten Quartal – einen neuerlichen Verlust von 13.2 Milliarden im zweiten Quartal. Der Nettogewinn des ersten Halbjahres beträgt somit 13.7 Milliarden Schweizer Franken (gegenüber einem Verlust im ersten Halbjahr 2022 von 95.2 Milliarden Franken).

Als Ursache für das negative zweite Quartal 2023 werden Kurskorrekturen bei den Anleihen und die Schwäche des Dollarkurses und dem daraus resultierenden stärkeren Franken genannt.

Längst in Vergessenheit geraten und plötzlich wieder en vogue sind übrigens: Staatsanleihen und Sparkonti. Beide erleben gerade eine Renaissance in der Veranlagung. "Wir kommen rückwärts vorwärts, wie die Ruderer!", wusste schon Mitte des 15. Jahrhunderts der Philosoph Michel de Montaigne.

Gold als sicherer Hafen – Segel könnten Richtung historisches Allzeithoch gesetzt werden

Experten blicken gespannt auf die Auswirkungen der jüngsten Zinsmassnahmen der Federal Reserve Bank in den USA. Die neuerliche Erhöhung der Leitzinsen um 0.25 Prozentpunkte könnte Anleger veranlassen, ihre Anlagestrategien zu überprüfen: Nach Meinung von Beobachtern ist der Verlauf der Aktienmärkte im ersten Halbjahr an sich kaum erklärbar und manche Skeptiker sprechen bereits wieder von einer "Blase", die platzen könnte.

Da ist die Alternative der Veranlagung ins sichere Gold ein Sicherheitsmoment, das überlegenswert scheint. Im Zusammenwirken mit dem – gegenüber dem Euro – schwächeren US-Dollar könnte das Bewegung am Goldmarkt auslösen, was die hohe Zahl von Commercial Futures auch anzudeuten scheint. Der Goldpreis hat sich zudem trotz historisch gestiegener Zinsen – 11-mal hat die Fed hat seit März 2022 die Zinsen im Rekordtempo erhöht – sehr stabil gehalten. Ein Senken der Zinsen könnte dem Goldpreis zu neuen historischen Allzeithoch beflügeln.

Sobald die Zentralbanken die Zinsen senken können, steigt der Goldpreis wieder stark an.

Mit um die 1’950 US-Dollar je Feinunze liegt der Goldpreis, nach einer kleinen Schwächephase zu Monatsbeginn, nunmehr relativ stabil um etwa 10 Prozent über dem Vorjahreswert.

Analysten sehen zwei Möglichkeiten für die weitere Entwicklung: Tendieren die Volkswirtschaften in den USA und in Europa eher in einen anhaltenden Wirtschaftsabschwung, so könnte das für Gold als "sicherer Hafen" für Anleger interessant sein und den Goldpreis auch weiter steigen lassen.

"Im Falle einer Rezession in den USA wird der Goldpreis stark beflügelt."

Aber auch bei einer sanften Erholung der Wirtschaft wird Gold eine Rolle spielen, die der Festigung seiner Preisentwicklung zuarbeiten wird, meinen Beobachter. Interessant dürfte die weitere Entwicklung der Inflation sein und eben die Zinspolitik der Notenbanken.

Im Falle einer Rezession in den USA wird der Goldpreis stark beflügelt. Dieses Szenario ist zwar nicht mehr so akut zu erwarten wie auch schon, doch die Gefahr einer Rezession ist nach wie vor nicht gebannt. Die Zinspolitik der Fed zur Bekämpfung der Inflation stellt in den USA für verschuldete Unternehmen und Privatpersonen eine enorme Belastung dar. Sobald die Fed die Zinsen senken kann, wirkt sich das ebenfalls wieder günstig auf den Goldpreis aus.

Das Gold-Interesse der Zentralbanken in Verbindung mit den gesunden Investitionen und einer robusten Schmucknachfrage schuf laut World Gold Council (WGC) ein "günstiges Umfeld für die Goldpreise".

Kampf der Inflation und Bann der Rezession

Erwartungsgemäss hat die Federal Reserve Bank der USA in ihrer Sitzung vom 26. Juli die Leitzinsen - nach einer Pause im Juni – wieder um 0.25 Prozentpunkte auf 5.25 bis 5.5 Prozent angehoben. Trotz der eingetretenen deutlichen Abschwächung der Inflation hält man sich aber die Option zu weiteren Zinserhöhungen im Herbst offen.

Die Europäische Zentralbank folgte dem Beispiel der USA und hob die Leitzinsen erneut an.

Die Europäische Zentralbank ist am Tag danach dem amerikanischen Beispiel gefolgt, und hat ihrerseits die Leitzinsen von 4 auf 4.25 Prozent angehoben. EZB-Direktor Fabio Panetta hält sich hinsichtlich möglicher weiterer Anhebungen im Herbst bedeckt – man müsse jetzt einmal die Entwicklung abwarten. Wie die SNB entscheiden wird, sehen wir erst im September.

"Die Europäische Union sieht in ihren jüngsten Berichten für 2023 ein deutlich abgeflachtes Wirtschaftswachstum.“

Die Wirtschaft in den USA wächst weiter. Trotz der Befürchtungen über eine möglicherweise bevorstehende Rezession sind die zusammenfassenden Meldungen über die amerikanische Wirtschaft im ersten Quartal durchaus positiv: Das Bruttoinlandsprodukt ist um zwei Prozent gewachsen und liegt recht deutlich über den erwarteten 0.7 Prozent. Auch der Arbeitsmarkt meldet zufriedenstellende Kennzahlen.

Die Europäische Union sieht in ihren jüngsten Berichten für 2023 ein deutlich abgeflachtes Wirtschaftswachstum, das erst – mässig – 2024 wieder zunehmen soll. Dass Wirtschaftsprognosen leider ein ums andere Mal korrigiert werden, sieht man an folgendem Beispiel: Ein wider Erwarten schwaches zweites Quartal lässt die Aussichten für China zurückgehen!

Gäbe es ein Drehbuch für Wirtschaftsprognosen, so könnte man hier getrost aus der Tragödie Faust von Johann Wolfgang von Goethe das folgende Zitat einfliessen lassen: "Die Botschaft hört´ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!"

Ich wünsche Ihnen, dass Sie in dieser Woche nicht den Glauben an das folgende Credo verlieren: 

Nicht das Erzählte reicht, sondern nur das Erreichte zählt. 

Mit goldenen Grüssen

Ihr Christian Brenner

Zum Autor

Christian Brenner, Geschäftsführer philoro SCHWEIZ AG

Christian Brenner hat Publizistik und Kommunikationswissenschaften studiert und ist seit 2017 Geschäftsführer des inhabergeführten Familienunternehmens philoro sowie Verwaltungsrat der philoro Global Trading, der philoro North America und der philoro International Holding. Zuvor hatte er 2011 bis 2019 als Geschäftsführer der philoro EDELMETALLE GmbH in Deutschland agiert. Er ist zudem als Gastdozent an der Universität St. Gallen (HSG) tätig und Mitglied mehrerer Handelsausschüsse der IHK.

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