Haben Ihre Kunden stark auf den Ausbruch des Krieges in Israel reagiert?
Wir haben eine kurzfristig positive Reaktion wahrgenommen, die sich jedoch schnell wieder verflüchtigte. Nach einem Anstieg von etwa 60 USD pro Unze entschieden sich viele Kunden, ihr physisches Gold zu verkaufen. Dabei handelte es sich häufig um Notverkäufe zwecks Erhöhung des Bargeldbestandes oder zur Gewinnerzielung. Die Grösse der Transaktionen war dabei oft bescheiden und hat sich beispielsweise auf einige einzelne Vreneli beschränkt.
Wie ist das Verhältnis zwischen Käufen und Verkäufen?
Das Verhältnis liegt normalerweise bei 15 Käufen zu 1 Verkauf. Aktuell hat es sich auf 12 zu 6 verschoben. Das heisst, die Zahl der Käufer ist zurückgegangen, während die Zahl der Verkäufer sechs mal so hoch ist wie eigentlich. Die Verkäufe von Goldschmuck haben sich derweil sogar verzehnfacht.
Die Zinssätze sind in diesem Jahr stark angestiegen, aber Gold hat sich gut gehalten. Wie interpretieren Sie das?
Der Feind des Goldes sind hohe Zinsen, denn sie machen andere Anlageklassen attraktiver, darunter Anleihen und sogar das Sparbuch. Trotz der steigenden Zinsen ist Gold erstaunlich stabil geblieben. Das stimmt mich für die Zukunft sehr optimistisch, falls der Höchststand der Zinsen bald erreicht sein sollte oder eine Pause eintreten könnte.
Christian Brenner, Geschäftsführer philoro SCHWEIZ AG
Wie reagierte die Prämie auf Goldmünzen?
Die Prämien sind nicht gestiegen, im Gegenteil. Ich habe den Eindruck, dass die Händler aufgrund der Beruhigung im dritten Quartal bereit sind, ihre Preise zu senken, um Umsatz zu generieren. Die Verfügbarkeit von Gold ist auf dem Markt sehr gut. Das war nicht immer der Fall, wenn ich an den Ausbruch des Krieges in der Ukraine denke.
Wie haben sich Ihre eigenen Geschäfte bei der philoro SCHWEIZ AG entwickelt?
Wir sind sehr aktiv, was die Entwicklung neuer Produkte angeht. Wir haben mit dem Krypto-Vreneli eine weltweit neue Innovation auf dem Schweizer Markt präsentiert und eingeführt. Es ist ein physisches Produkt in Form einer Goldmünze, mit einer Neuinterpretation des Vreneli in Form eines NFC-Chips auf der Oberfläche. Wenn ich nun ein Smartphone auf diesen Chip lege, erhalte ich ein digitales NFT-Bild des Vreneli. Der Käufer hat also in ein und demselben Produkt zwei Anlageklassen vereint, nämlich Gold und NFT.
Wie sieht es mit Ihrer eigenen Goldproduktionsstätte aus?
Wir werden am 6. Dezember 2023 ein hochmodernes Produktionszentrum in Österreich einweihen. Es ermöglicht uns, uns in der gesamten Wertschöpfungskette zu positionieren, angefangen beim Einkauf des Goldes über ein grosses Vertriebsnetz mit lokalen Niederlassungen bis hin zu einem eigenen Raffineriezentrum, in dem neue Goldbarren hergestellt werden. Das raffinierte Gold stösst hierbei auch weniger CO2 aus als das Gold aus einer Mine. Kein anderer privater Konzern befindet sich momentan in der Lage, etwas Vergleichbares auf dem Markt anbieten zu können.
Sind Sie damit ein Konkurrent der grossen Schweizer Raffinerien?
Die Schweiz ist tatsächlich eher für ihre Schokolade, ihre Lebensmittelindustrie, Pharma- und Uhrenindustrie bekannt als für ihr Gold. Dennoch ist die Edelmetallindustrie nach der Pharmaindustrie der zweitgrösste Exporteur der Schweiz, denn drei Viertel der produzierten Goldbarren stammen von hier.
Wir selbst sind für 5 % der weltweiten Goldproduktion verantwortlich. Das ist im Vergleich zu den Schweizer Konzernen zwar nicht viel, aber dennoch nicht zu verachten.Wir profitieren hier von unserem Einkauf von Goldschmuck und dessen Verarbeitung, was jährlich ca. 120 Tonnen Produktionsgold ausmachen dürfte.
Welche weiteren Expansionspläne haben Sie? Ein Online-Vertriebskanal?
Der E-Commerce hat ein grosses Potenzial, aber unsere Kunden schätzen den Einkauf in unseren Filialen. Wir beabsichtigen, unser physisches Netzwerk und unsere Kooperationen dementsprechend auszubauen. Am 10. Oktober um 10:10 Uhr gaben wir eine Partnerschaft mit der Schweizerischen Post bekannt, die es unseren Kunden ermöglicht, Gold am Schalter oder über das Internet zu kaufen oder verkaufen.Die Post verfügt über einen beträchtlichen Vertrauensgrad seitens ihrer Kunden und ein schnelles und effizientes Vertriebssystem. In Zukunft wird mit der Servicequalität von philoro ein neuer Akteur auf dem Goldmarkt entstehen, der verspricht, sich von Anfang an als einer der attraktivsten Goldhändler in der Schweiz zu präsentieren.
Warum sollte ich Gold bei der Post kaufen?
Die philoro SCHWEIZ AG hat zurzeit Filialen in Zürich und Wittenbach bei St. Gallen. Für die Zukunft planen wir dank unserer Partnerschaft mit der Post eine erweiterte Präsenz in Genf über das Tessin bis hin nach Schaffhausen. Das Projekt der Zusammenarbeit mit der Post befindet sich zum jetzigen Zeitpunkt in einigen Filialen in der Pilotphase. Der Kunde schätzt hier den direkten Kontakt, der von der Schweizerischen Post selbst gewährleistet wird.
Die Zusammenarbeit umfasst zudem noch einen weiteren Aspekt. Die Post wird auch Kunden empfangen, die ihnen Gold- und Silberschmuck bringen, um diesen zu wiegen, zu bewerten und zu verkaufen.
Zu diesem Zweck haben wir zusammen mit der Universität St. Gallen eine Studie durchgeführt. Daraus geht hervor, dass 90 % der Schmuckbewertungen durch Dritte mit einer Methode durchgeführt werden, die sich auf 600 Jahre vor Christus zurückführen lässt. Diese unpräzisere Methode bedarf nämlich lediglich einer Waage und dem menschlichen Auge. philoro hingegen verwendet eine andere Methode, die Röntgenfluoreszenzspektrometrie. Dabei zeigt sich, dass der Kunde mit dieser revolutionären Methode 15 bis 20 % mehr Geld für sein Altgold erhält.Die Kunden sind aber mit dem Preis zufrieden, den sie mit der veralteten Methode erzielen, weil sie nicht wissen, dass es genauere Instrumente und Möglichkeiten gibt. Zudem befindet sich der Schmuck meistens bereits einige Jahre in ihrem Besitz und sie wissen nicht, dass Gold den Kaufwert erhalten kann und dass der Wert von Gold in 20 Jahren um 500% gestiegen ist.
Wie entwickelt sich der Marktanteil der Banken beim Kauf von physischem Gold?
Eine Studie der Universität St. Gallen, die von 2000 Personen ausgeht, zeigt, dass sie in wenigen Jahren von 90% auf 60% zugunsten von Spezialisten wie philoro gesunken ist, da teilweise mehrere Banken diese Dienstleistung nicht mehr anbieten.
Klicken Sie hier, um das Interview auf Französisch zu lesen: ‹Un nouvel acteur émerge sur le marché de l’or›
Biografie
Christian Brenner, Geschäftsführer
Christian Brenner leitet seit 2017 die philoro SCHWEIZ AG, einem inhabergeführten Familienunternehmen der philoro Holding GmbH. Er ist ausserdem Mitglied des Vorstands von philoro Global Trading, philoro North America und der philoro International Holding. Von 2011 bis 2019 leitete er die philoro EDELMETALLE GmbH in Deutschland.Christian Brenner hat Kommunikationswissenschaften und Journalismus studiert und ist ausserdem Gastdozent der Universtiät St. Gallen.
Unternehmen
Die 2017 gegründete philoro Schweiz AG agiert europaweit als Edelmetallhändler und ist Teil der philoro Holding GmbH, die 2011 in Wien gegründet wurde.Die Dienstleistungen von philoro umfassen neben dem Kauf und Verkauf von Edelmetallen auch die Lagerung und die persönliche Beratung von privaten und institutionellen Anlegern.Das Familienunternehmen arbeitet mit einem Team von ca. 200 Mitarbeitern und verfügt über Onlineshops sowie 15 Standorte im deutschsprachigen Raum und ein Büro in New York.